Case Study

Ein Tunnel mit exzellentem Schallschutz

Schallschutzwände bei Autobahnen und Bahngeleisen gehören heute zum Alltag – ja werden sogar als Pflichtmassnahme gesetzlich vorgeschrieben. Wo Menschen wohnen und ihre Freizeit geniessen, da wollen sie möglichst nicht gestört werden von dröhnenden Fahrzeugen oder lauten Güterzügen. Weniger naheliegend scheint das Thema Schallschutz beim Tunnelbau – aber nur auf den ersten Blick. Denn im Bereich von Portalen kann der entstehende Schall rasch unangenehm laut werden, was in bewohntem Gebiet nicht geduldet wird. Abhilfe schafft eine kluge Dämmung, wie das Beispiel des Tunnel Wattwil im Toggenburg zeigt. 

Nach rund 23 Jahren in Betrieb litt der rund 1'100 Meter lange Tunnel Wattwil an mehr und mehr augenfälligen Altersbeschwerden. Eine 2014 durchgeführte Zustandsuntersuchung brachte Klarheit: Insbesondere waren Schädigungen am Tragwerk ersichtlich. Damit keine grössere Schädigung entsteht, wurde eine Instandsetzung durchgeführt. Der Kanton St.Gallen, zuständig für die Umfahrungsstrasse Wattwil, beauftragte die Schällibaum AG mit der Planung. Umgesetzt wurden die Arbeiten am 1'100 Meter langen Tunnel schliesslich im Sommer 2016. Dabei musste der Beton auf der gesamten Länge neu beschichtet werden. An beiden Portalen war die Betonschicht mit Chloriden befallen; dieser Schaden entstand durch das Salzwasser, das im Winter von den Fahrzeugen spritzt. Um den Schaden zu beheben, wurde die Betonschicht abgetragen und durch neuen Spritzmörtel ersetzt.

Schallschutz am Tunnelportal
Der für den Tunnel zuständige Kanton St.Gallen entschied sich im Laufe der Planung, auch die Lärmschutzmassnahmen zu ersetzen. Am Nordportal in Richtung Wil sind auf rund 45 Metern Länge solche Schallschutzkassetten angebracht, am Südportal in Richtung Ricken sind es rund 20 Meter. Auf diesen Längen ist die ganze Tunnelwand verkleidet, um Schall zu absorbieren. Lediglich an der Decke besteht eine Lücke – dort, wo die Beleuchtung angebracht ist. „Lärmschutzmassnahmen werden immer in Portalbereichen angebracht, die in der Nähe von Siedlungsgebiet liegen“, erläutert Andreas Rhyner. Der Wattwil-Tunnel ist Teil der Umfahrungsstrasse der Toggenburger Zentrumsgemeinde mit 8'500 Einwohnern. Und die Portale liegen unweit des bewohnten Gebietes.
Die Instandsetzung sah ursprünglich keine Erneuerung des Lärmschutzes vor. Die Zustandsuntersuchung hätte aber gezeigt, so Ingenieur Andreas Rhyner, dass diese komplett verschmutzt und am Südportal mit Moos bewachsen waren. Dies liegt daran, dass dort ein Teil der Kassetten der Witterung ausgesetzt ist. Die gesamten Bauarbeiten dauerten von Anfang Juli bis Ende September 2016. Sämtliche Lärmschutzkassetten wurden in nur zwei Tagen entfernt. Die neuen Kassetten konnten ebenfalls innerhalb weniger Tage auf derselben Länge wieder angebracht werden. Und dies geschah alles unter Betrieb des Tunnels. Eine Fahrspur wurde gesperrt, so dass die zweite Fahrspur für Bauarbeiten zur Verfügung stand. Erst zum Schluss der Bauarbeiten kam es zu einer kurzen Vollsperrung, erklärt Andreas Rhyner.

Dämmstoff mit gutem Feuchteschutz
Der Schall wird nun von 670 mit Aluminium beschichteten Kassetten absorbiert. In die Kassetten eingebaut sind die schallabsorbierenden Akustikplatten PB A 031 von Saint-Gobain ISOVER. Die 40 Millimeter dicken Platten wurden auf jeweils 49,7 x 120 cm zugeschnitten und mit schwarzem Vlies bedeckt. Während die Aluminiumkassetten vorne Schutz bieten, liegt der Dämmstoff hinten direkt auf der Tunnelwand - ohne Hinterlüftung. Umso wichtiger ist die Qualität von Dämmstoff und Vlies, das auch vor Pilz- und Insektenbefall schützt. Für eine Lösung mit Hinterlüftung fehlte der Platz. „Wir hätten einen Teil der Tunnelwand abtragen müssen, um mehr Platz zu gewinnen“, erläutert Andreas Rhyner. Das kam für den Kanton St. Gallen aber nicht in Frage: Der in die Jahre gekommene Schallschutz sollte ersetzt werden, ohne weitere bauliche Anpassungen vorzunehmen.
 
Die Verwendung eines Glaswolle-Dämmstoffs war der explizite Wunsch des Bauherrn. „Wir haben vor allem beim Feuchteschutz gute Erfahrungen gemacht mit Glaswolle“, erklärt Sandro De Luca, Projektleiter beim Tiefbauamt des Kantons St.Gallen. Da keine Hinterlüftung existiert und ein Teil der Elemente bewittert ist, sei dies beim Wattwil-Tunnel ein besonders wichtiger Aspekt gewesen. Für den Kanton sei es aber eine neue Erfahrung, für den Schallschutz im Tunnelbau Glaswolle zu verwenden. Und auch für Andreas Rhyner war dies Neuland. „Der Name ISOVER war mir natürlich bekannt, über die Produkte wusste ich allerdings wenig“, so der Bauingenieur.

Glaswolle übertrifft die Anforderungen
In den 670 neu eingebauten Schallschutzelementen sind gut 800 Quadratmeter  Dämmstoff verarbeitet. Der Bauherr verlangte eine Lärmschutzmassnahme der Schallabsorptions-Gruppe A3. Das bedeutet eine Differenz zwischen dem einfallenden und dem reflektierten Schall DLα von 8-11dB. Mit der umgesetzten Massnahme und dank dem hoch schallabsorbierenden Dämmstoff PB A 031 konnte sogar die Schallabsorptions-Gruppe A4 erreicht werden (Differenz DLα > 11dB). Die 50 Millimeter dicken Kassetten waren bisher 1,5 Meter lang und 0,4 Meter hoch. Die neuen Normalelemente sind 2,4 Meter lang und 0,5 Meter hoch. Die Elemente am Südportal sind aufgrund der Geometrie des Tunnels teilweise kleiner. Die Anzahl der Kassetten konnte so von gut 1'200 auf rund 670 reduziert werden.
Die Einwohnerinnen und Einwohner von Wattwil haben dank ihrem Tunnel Ruhe vor dem Durchgangsverkehr. Und dank der Instandsetzung wird der Schall an den Portalen noch besser absorbiert als zuvor. Und bevor wieder eine Instandsetzung ansteht, sollen mindestens 25 Jahre vergehen.